Worte

"Lothar Eder zeigt Bilder von andächtiger Stille"

Weinheimer Nachrichten 12.11.2015


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"Es gehe [in den Landschaftsbildern] nicht darum, einen Ort zu dokumentieren, so Eder. ‚Alles dreht sich um Licht, Form und Komposition‘. Er wolle mit den Fotos etwas zeigen, das vom Aufnahmeort unabhängig ist. In seinen Lichtmalereien lässt er die Grenze zwischen Fotografie und Malerei verschwimmen.
Und auch seine aus kahlen Zimmern in die Ferne und Weite, auf Himmelslandschaften und Wolkengebilde weisenden ‚Fenster- und Türenbilder‘ zeigen sich menschenleer: ‚Sobald Personen auftauchen, wäre der Fokus des Betrachters ein anderer‘ erklärt Eder. Dennoch sei eine Beziehung zwischen Ort, Raum und Mensch vorhanden, zeigten die Fotos doch, ‚wo Zivilisation einmal war‘ und erzählten die Geschichte der Menschen, die einmal im Inneren dieser Räume lebten."

Rhein-Neckar-Zeitung 10.12.2015 zur Ausstellung im Weinheimer Kunstförderverein


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"Bitte nicht schießen!"

Vielfach wird heutzutage von „Shooting“ gesprochen, wenn es um einen fotografischen Aufnahmeprozess geht. Das scheint irgendwie schick, international und „cool“ zu klingen. Mir persönlich scheint der Begriff, abgesehen von den im Übermaß gebräuchlichen Anglozismen, unpassend. Soll ich auf die Landschaft, die ich aufnehmen will, schießen? In mir regt sich da spontane Abneigung.

Schaut man sich die beiden Begriffe „Schießen“ (Shooting) und „Aufnehmen“ genauer an, so mag einem ein wesentlicher Unterschied auffallen: „Schießen“ ist ein Vorgang, in dem ein aktiver „Schütze“ „gezielt“ etwas ins Visier nimmt, „abdrückt“ und sein Opfer „erlegt“. Das Verhältnis von Fotograf und Objekt (z.B. Landschaft) wäre dann eine von Jäger und Beute, von aktiv und passiv. Besonders in der Landschaftsfotografie aber ist es ja genau anders herum. Zwar habe ich als Fotograf einen aktiven Part, ich mache mich auf den Weg in eine bestimmte Landschaft hinein, an einen Ort, an eine bestimmte Stelle, ich suche geeignete Lichtverhältnisse auf (bzw. warte auf sie, oft genug vergeblich) und so fort.

Jeder aber, der sich ernsthaft mit (Landschafts-)Fotografie beschäftigt, wird bestätigen können, daß neben diesem aktiven Suchen und Aufsuchen auch noch etwas anderes geschieht, das sich nur sehr unscharf in Worte fassen läßt. Die Landschaft, der Ort, die Stimmung, das Licht, nehmen ihrerseits mich ein. Oft ist es so, als habe nicht ich diese Landschaft oder jene bestimmte Stelle aufgesucht; vielmehr hat der Ort mich gesucht und mich gerufen. Und es kommen erst im Kontakt, im Begehen, im still Dasitzen, Stehen und Schauen die eigentlichen Ideen und Inspirationen.

Und genau deshalb paßt der Begriff „Aufnehmen“ aus meiner Sicht wesentlich besser als der Begriff „Schießen“ zur Tätigkeit des Fotografierens. Ich erlebe das Objekt, die Landschaft, den Ort auch nicht als Trophäe, die ich erlegt habe und nun nach Hause trage. Vielmehr hat meine Kamera im besten Fall das Eigentliche des Ortes, seinen Zauber, seine Stimmung, seine Botschaft jenseits der Sprache aufgenommen um sich mir vermittels dieser Aufnahme später dann immer wieder neu und über die Zeit verändernd mitzuteilen.

Lothar Eder


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„Einzelne Bilder von Lothar Eder, die ich früher schon sehen konnte, haben mich sofort gefangen genommen. Ich kann nicht umhin, noch etwas Spezielles anzumerken: Die große Spannweite zwischen konkreter poetischer Fotografie, wie in den Fensterbildern einerseits, den verschlüsselten Lichtbildern andererseits und der kompletten Abstraktion mit roten Formen bilden den ungewöhnlichen Reichtum von Lothar Eders Arbeiten.“

Götz Naffin in seiner Einführungsrede zur Vernissage „Stilles Leben“ am 24. März 2013 in Viechtach


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Licht ist das Thema der Fotografien von Lothar Eder, die zur Zeit im Alten Rathaus in Viechtach ausgestellt sind. Auf den ersten Blick scheinen viele der Bilder des geborenen Deggendorfers abstrakt. Detailarm, oft unscharf sind Strudel, Wellen, Streifen oder farbige Lichtschimmer abgebildet. Als Inspirationsquelle entpuppt sich die Natur, etwa Spiegelungen im Wasser oder Sträucher mit Blumen als Farbklecksen. Der braune Streifen auf purem Weiß offenbart sich als Bachlauf im Schnee.

Fenster und Türen gehören zu Eders liebsten Motiven. Die Fenster sitzen in alten Gemäuern voller Spinnweben, das Glas ist zerborsten, die Natur in Form von Gras oder Ästen sucht sich den Weg nach drinnen. Wie in der Romantik geht der Blick aus der Innenperspektive nach außen auf Fernes, Unbekanntes: auf eine Hügellandschaft, auf das Meer oder eine Kirchturmspitze. Mauern und Wände sind dominant und engen den Blick ein, nur eine kleine Öffnung gibt den Blick in die Weite frei. Bei diesem Übergang von drinnen nach draußen wird wieder dem Licht eine wichtige Rolle zuteil: Das Licht und die Natur sind es, die die Mauern durchbrechen, Grenzen überwinden und den Blick öffnen.“

Passauer Neue Presse 4. April 2013


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Was mich zum Fotografieren gebracht hat, ist zunächst einmal das Licht. Irgendwann in meinem Leben habe ich verstanden, welch enorm positive Bedeutung das Licht für uns Menschen hat. Ohne Licht können wir nicht sein. Und alle positiven Visionen der Menschheit sind irgendwie mit dem Licht verbunden, auch in den Religionen; Buddha ist der „Er-Leuchtete“ und auch Jesus oder viele Heilige gelten als „Lichtbringer“. Ein anderes Beispiel ist der mittlerweile säkular gebrauchte Begriff der „Lichtgestalt“.

In meiner Erinnerung war ich bereits als kleines Kind angezogen von Gemälden, die in Büchern abgebildet waren, die wir daheim hatten. Mich haben da nicht nur die Motive interessiert, vielmehr haben mich Licht und Schatten und die Atmosphäre des Bildes fasziniert. Ich konnte mir so ein Bild immer wieder und eine lange Zeit anschauen, ich habe sie aufgesogen. Heute ist es z.B. die flämische Malerei, deren Umgang mit dem Licht, die mich besonders fasziniert, ich denke an den Maler Vermeer. Aber auch Edward Hoppers Arbeiten faszinieren mich; zum einen wegen seines Umgangs mit Licht, zum anderen wegen der Weite und Einsamkeit der Bilder.

Ich finde, ein Bild (egal ob Gemälde oder Foto) muss etwas zu sagen, etwas zu erzählen haben. Es muss etwas sein, das in mir als Betrachter mit diesem Bild in Resonanz geht. Das hat zunächst nichts mit Gefallen zu tun. Die Welt ist mittlerweile zugeschüttet mit schönen Bildern, jeder, der eine Kamera in der Hand hält, kann auch ein schönes Bild machen, wenn er sich einigermaßen geschickt anstellt. Es ist die innere Resonanz auf die es ankommt. Dann ist das Bild mehr als das, was sein Produzent gemacht hat. Vielleicht klingt es für die heutige Zeit zu pathetisch, aber ich denke, dass ein Kunstwerk über uns als Individuum hinausgeht, es spricht etwas in der Tiefe des Menschen an, das er kennt, ohne sich dessen unbedingt bewusst zu sein. Goethe hat sinngemäß einmal gesagt, dass die Kunst das Unaussprechliche für uns greifbar, verstehbar macht.

Wir sind heute zugeschüttet mit Bildern, ständig bekommen wir Bilder geliefert, im Fernsehen, im Internet, in Zeitschriften. Ich persönlich glaube nicht, dass wir dadurch auch mehr sehen. Im Gegenteil. Die Fülle lässt uns innerlich wegsehen. Etwas in uns sagt: ja, kenn ich schon, und geht weiter zum nächsten, noch spektakuläreren Bild. Wir brauchen, so meine ich, eine neue Art des Sehens, sie hat mehr mit Schauen als mit Sehen zu tun. Dazu gehört, dass wir zunächst nicht erkennen, sondern uns ansprechen lassen, ein Bild wirken lassen. Das ist schwer, weil es unseren Alltagsgewohnheiten widerspricht. Wir wollen heute möglichst schnell immer mehr Eindrücke, wir wollen nicht verweilen. Manche meiner Arbeiten sind bewusst unscharf. Wenn die eigentliche Form sich auflöst, wird etwas sichtbar, was dahinter ist, oder darunter (darüber), je nachdem. Einige Arbeiten sind auch durch absichtliches Bewegen, Ziehen oder Kreisen der Kamera im Aufnahmeprozess entstanden, die Bewegungsmuster stammen also nicht etwa aus der digitalen Nachbearbeitung. Damit wäre man dem Begriff „mit Licht zeichnen“ (gr. photos, graphein) ganz nahe. Die Unschärfe manchen Bildes ist also bewusst gewählt: der Philosoph Ludwig Wittgenstein meinte einmal, dass es eben manchmal gerade das unscharfe Bild sei, das wir bräuchten. Es lässt uns womöglich mehr sehen und tiefer schauen, als das scharfe.

Jedes Bild ist ein Geschenk des Augenblicks und der Umstände. Eine Fotografie ist nicht an sich schön, sie ist es dann, wenn die eigene Seele mit ihr in Resonanz geht, wenn etwas in uns ins Schwingen gerät, am besten avant la langue, noch bevor wir einen Begriff, ein logisches Verstehen dafür haben.“

Lothar Eder im Pressetext zur Ausstellung „Stilles Leben“ in Viechtach 2013